Die UA des LOHENGRIN wurde in der NZfM ausführlich besprochen. Vgl. dazu: NZfM 33 (Nr. 19, 3.9.1850), S. 107, (Nr. 21, 10.9.1850), S. 115f., (Nr. 22, 13.9.1850), S. 118-120, (Nr. 25, 24.9.1850), S. 136–138, (Nr. 28, 4.10.1850), S. 151f. sowie (Nr. 30, 11.10.1850), S. 162–164, zu Fragen der Aufführung vgl. vor allem S. 162–164: „Weimar verdankt den Ruhm, diese Oper zum ersten Male in Deutschland zur Aufführung gebracht zn haben, zunächst wohl der Kunstbegeisterung und den Bemühungen Liszt's, so wie dem Kunstsinne und der Vorurteilslosigkeit des dortigen Hofes. Liszt hat auch — unterstützt von Genast — für das Gelingen der Aufführung Alles gethan, was nur irgend zu ermöglichen war. Muß daher auf der einen Seite anerkannt werden, daß mit verhältnißmäßig geringen Mitteln hier Bedeutendes geleistet worden ist, so darf auf der andern Seite doch nicht verschwiegen werden, daß für eine Aufführung im Sinne des Werkes selbst und seines Schöpfers diese Mittel sich zuweilen als unzureichend herausstellten. Namentlich zeigte sich das in der Besetzung der Partie des Lohengrin, so wie der Anzahl der Violinen im Orchester und der Stimmen im Chore. Hr. Beck, der — wie man mir sagte — in vielen anderen Partieen recht Rühmenswerthes leistet, war doch der zwar sehr schwierigen, aber auch höchst dankbaren Aufgabe, einen Lohengrin darzustellen, in einigen sehr wesentlichen Beziehungen nicht gewachsen, weshalb denn auch die Wirkung des 3ten Actes nicht die erwartete sein konnte. Die übrigen Partieen befanden sich in den Händen der Damen Agthe (Elsa), Fastlinger (Ortrud) und der HH. Milde (Friedrich), Höfer (König Heinrich) und Pätsch (Heerrufer). Sechs erste Violinen zu einem Blasorchester, das in seinen einzelnen Partieen nicht zwei-, sondern konsequent dreistimmig besetzt ist, müssen unter jeder Bedingung ebenfalls als unverhältnißmäßig bezeichnet werden. Doch — wie gesagt — ist dies kein Tadel für die Ausführung, sondern nur eine Aussprache des Bedauerns darüber, daß bedeutendere Mittel zu beschaffen nicht möglich gewesen ist. So lange die größeren Theater Deutschlands so überschwemmt mit herrlichen neuen Opernwerken sind, daß sie für die Wagner'schen keine Zeit erübrigen können: so lange muß der bedeutendste deutsche Operndichter noch froh sein, wenn man seiner Schöpfungen sich wenigstens in einem Winkel des Vaterlandes zu erinnern für der Mühe Werth hält. [...] Was den Erfolg der neuen Wagner'schen Oper anbelangt, so fehlte es nicht an zahlreichen und lebhaften äußeren Zeichen des Beifalls. Ich möchte jedoch das Klatschen des Publikums durchaus nicht für maßgebend in solchem Falle halten; auch sind mir die Gewohnheiten der Weimaraner in dieser Beziehung vollkommen fremd; endlich aber liegt es ganz und gar nicht in der Natur einer Oper, wie TANNHÄUSER oder LOHENGRIN, auf eine Zuhörerschaft einen Eindruck zu machen, der zum Händeklatschen antriebe. Alle die kindischen Zeichen, die wir der Kleinlichkeit unserer meisten Kunsterscheinungen gegenüber uns allerdings mit einigem Recht gewöhnt haben, als Beweise des Beifalls kund zu geben, erscheinen als geradezu läppisch bei einem Werke, das die Seele des Zuhörers so ganz in Anspruch nimmt. Es ist eine mehr religiöse Stimmung, in die man sich während des Anhörens einer solchen Oper versetzt fühlt und so wenig Derjenige, der aus wirklichem Bedürfniß der Seele in die Kirche geht, daran denken wird, den Vortrag des Geistlichen mit einem beifälligen Lächeln zu beehren und nach Beendigung eines gottesdienstlichen Actes mit den Händen zu klatschen oder mit den Füßen zu stampfen: so wenig wird der von den Schönheiten eines TANNHÄUSER oder LOHENGRIN wahrhaft Ergriffene Veranlassung zu neuer Uebung alter Theatergewohnheiten finden. Deshalb kann allein die Zukunft entscheiden, ob jener augenblickliche Beifall eines heutigen Theaterpublikums als ein Urtheil über den Werth des Werkes gelten darf oder nicht. Thatsache aber ist, daß der TANNHÄUSER in Dresden gegen 20, in Weimar — ein dort unerhörter Fall — während eines Zeitraumes von wohl kaum Jahren 7 oder 8 Vorstellungen erlebt, in Dresden zwar nicht das ganze Theaterpublikum, wohl aber einen recht beträchtlichen — und wahrlich nicht den schlechtesten — Theil desselben, nebenher jedoch auch diejenigen edleren Naturen für sich gewonnen hat, die aus gewissen Gründen nur noch in gewissen Fällen das Theater zu besuchen pflegen, in Weimar aber — wie ich zu einigem Erstaunen und nicht geringer Freude von allen Seiten vernehmen mußte — Lieblingsoper des ganzen Publikums geworden ist. So dürfte es wahrscheinlich auch mit dem LOHENGRIN ergehen und so dürfte es nicht minder wahrscheinlich im übrigen Deutschland sich ebenfalls herausstellen, wenn man auf allen seinen größeren Theatern die Werke Wagner's in würdiger Weise zur Aufführung bringen wollte; doch dazu hat man — wie gesagt — keine Zeit.
[...] Die Anerkennung der Verdienste Liszt's um die Kunst hat bei der ersten Aufführung des LOHENGRIN auch durch ein äußeres Zeichen seinen Ausdruck gefunden: vom Orchesterpersonale wurde ihm ein eleganter Taktstock überreicht mit der Inschrift: „Dem Träger des Genie's, dem Dirigenten der Opern TANNHÄUSER und LOHENGRIN.““ (NZfM 33, Nr. 30, 11.10.1850, S. 162f.)
Rheinische Musikzeitung (Nr. 11 v. 14.9.1850), S. 85f.: "Wenn irgendjemand für die Kunst thätig ist, so ist es Liszt: mit demselben Feuer und der Begeisterung, womit der Herrliche über die Tasten hinstürmt und dabei doch dem kleinsten Nötchen seine Bedeutung gibt, hat er jetzt die Aufgabe ergriffen: Weimar in Hinsicht auf musikalische Kunst zu dem zu erheben, was es einst in Bezug auf die poetische Litteratur Deutschlands war. Die Aufführung der neuesten Oper "Lohengrin" von R.Wagner, dem flüchtigen, heimathlosen Wagner, ist eine schöne That für die deutsche Kunst, und wenn die weimarsche Kapelle ihrem Kapellmeister bei dieser Gelegenheit einen silbernen Taktirstab überreicht hat, so wird der Sinn der Gabe gewiss von allen deutschen Künstlern richtig erkannt und mit Beifall begrüsst werden. Und Liszt selbst, der in seinem Leben so reich und so glänzend beschenkte, ihm wird die kleine Gabe mehr Werth sein, als mancher Brillant, weil sie ihm das freudige Zusammenwirken eines wackern Vereins von Künstlern mit ihrem Meister verbürgt. Hat er es doch mitten in den Triumphen auf seinen Reisen, überschüttet von Lorbern und erdrückt von Ehrenbezeigungen so oft gegen diejenigen, denen er sich offen hingab, ausgesprochen, dass sein Wunsch, ja seine Sehnsucht sei, der Kunst irgendwo eine wahre, sichere, unabhängige Freistatt zu gründen und dann nur ganz ihr und ihren höchsten Anforderungen zu leben! Mögen denn die äussern Verhältnisse in Weimar, wie es der Fall zu sein scheint, sich immer mehr so gestalten, dass er mit Freuden ausrufen kann: "hier habe ich diese Freistatt gefunden", und mit innerer Befriedigung sich sagen: "ich habe redlich darauf erbaut, wozu der Geist mich trieb!" Wie mancher weit weniger gefeierte Virtuose geht in dem Treiben der Salons und dem berauschenden Dunst der Concert- und Theatersphäre verloren für die Idee der Kunst! lud Liszt, der, wenn die Instrumentalmusik der Triumph der Tonkunst ist, als die sichtbare Verkörperung, als die Incarnation derselben am Fortepiano erscheint, Liszt, der wie ein Eroberer durch die Welt zog und jeden Augenblick seinen Siegeszug von neuem beginnen könnte, ihn betäubte der Weihrauch nicht auf seiner Höhe. Wohl warf er aus der Fülle seiner Schätze der staunenden Menge Blumen und Sträusser von Rubinen und Smaragden zu, aber den Demant, den ihm ein Gott gegeben, bewahrte er wohl: an seinem Feuer erglühte in einsamen heiligen Weihestunden das Herz des Künstlers, wenn die Welt den Virtuosen vergötterte, und nach den Augenblicken, in welchen er das Ideal der Ausführung zauberisch verwirklicht hatte, beugte er in Demuth sein Knie vor dem Ideal der höhern Kunst, das vor seiner Seele schwebte, und von dessen unsterblichem Lichte er in jenem nur einen vergänglichen Strahl sah. Und was er diesem Ideale dann gelobte, er hat es gehalten in Wahrhaftigkeit. Darum Bewunderung dein Virtuosen (wiewohl dieser Ausdruck nur eine ärmliche Vorstellung von dem gibt, was Liszt als Klavierspieler ist); aber Liebe und Verehrung dem Künstler, der schafft und wirkt. So wird sein Lorber nicht ein dahinwelkender Zweig, sondern der Stamm eines weithin schattenden Baumes werden."
Weimarische Zeitung Nr. 70, 31. August 1850, S. 687–689: Nach einer Darstellung der historischen Vorlagen für LOHENGRIN, einer Inhaltsangabe sowie allgemeinen Anmerkungen zur Musik nach einmaligem Hören wird Liszt auf besondere Weise gewürdigt, ebenso Dingelstedt, der als Einleitung der Festveranstaltung einen Prolog verfasst hatte: „FRANZ LISZT ist es, dem zunächst wir die Einführung des LOHENGRIN auf die Weimarische Bühne, DER ERSTEN, die das Werk gegeben, zu danken haben. [...] Neben ihm hat die Theaterleitung durch die glänzende, würdige Inscenesetzung und Ausstattung ein Anrecht auf den wärmsten Dank aller Kunstfreunde erworben. Die mannichfachen, großen Schwierigkeiten, welche die Darstellung gerade dieser Oper, in noch höherem Maße wie der ‚Tannhäuser‘ biete, zu überwinden, konnte nur der redlichen Beharrlichkeit, dem treuesten, eifrigsten Zusammenwirken ALLLER Kräfte gelingen. Von dem reichen Beifall, den das Werk schon bei der ersten Aufführung fand, gebührt den sämmtlichen Mitwirkenden ein gerechter Antheil. Der Hervorruf LISZT’S und der Sänger nach dem Schlusse der Oper mag als wohlverdiente Anerkennung von Seiten des Publikums gelten, auch dem Orchester gebührt sie.“