9. Juli 1945
Mitteilung Leonhard Moogs an den Weimarer Oberbürgermeister über die Konstituierung der „Demokratischen Partei Weimar“ mit beigefügten „Programmatischen Forderungen der Demokratischen Partei Thüringens“
Demokratische Partei
Weimar, den 9. Juli 1945
Weimar
Herrn
Oberbürgermeister Dr. B e h r
W e i m a r
Wir geben Ihnen ergebenst davon Kenntnis, dass die Demokratische Partei Weimars sich konstituiert hat.
In der Anlage überreichen wir Ihnen 1 Exemplar unserer programmatischen Forderungen.
Der Vorstand der Demokratischen Partei setzt sich wie folgt zusammen:
I. Vors. Reg.Direktor Leonhard Moog, Weimar, Karl-Haußknechtstr. 3
II. Vors. Reg.Direktor Dr. Alfons Gaertner, Weimar, Fliederweg 6
I. Schriftf. Felix Zumhasch, Weimar, Friedrich-Engelsring 18
II. Schriftf. Frau Margarete Köth, Weimar, Graben 9
Kassenwart: Ernst Stegmeyer, Weimar, Kegelplatz 2
Sämtliche Vorstandsmitglieder waren niemals Angehörige der NSDAP.
Demokratische Partei
Im Auftrag:
L Moog
Programmatische Forderungen der demokratischen Partei Thüringens
I. Innenpolitik
1. Bildung einer Volksregierung auf Grund des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts für Männer und Frauen.
2. Selbstverwaltung in Provinz, Kreis und Gemeinde.
3. Wiederherstellung der politischen und sozialen Grundrechte aller Staatsbürger ohne Unterschied von Rasse, Religion und Lebensstellung.
4. Wiederherstellung und Sicherung einer objektiven Rechtsprechung auf Grund eindeutiger Rechtsetzung.
5. Kampf gegen die nationalsozialistische und militaristische Ideologie und schärfste Maßnahmen gegen ihre Träger, weitestgehende Aufklärung des Volkes über Methoden und Folgen der nationalsozialistischen Staatsführung.
II. Wirtschaft und Sozialpolitik
1. Sicherung des persönlichen Eigentums. Überführung von Unternehmungen, die für die Versorgung des Volkes von lebenswichtiger Bedeutung sind, in gemeinwirtschaftliche Form.
2. Förderung von Industrie, Handel und Gewerbe; Gewährleistung der freien, durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl begrenzten Initiative.
3. Sicherung der Volksernährung durch weitestgehende Förderung der Landwirtschaft, insbesondere des bäuerlichen Grundbesitzes.
4. Weitestgehende öffentliche Hilfe bei der Behebung persönlicher und sachlicher Kriegsschäden; Bereitschaft zur Wiedergutmachung der in den anderen Ländern angerichteten Kriegsschäden im Rahmen unserer Leistungsfähigkeit.
5. Internationaler Güteraustausch mit allen natürlichen Wirtschaftspartnern.
6. Ausbau aller sozialen Errungenschaften und Einrichtungen zum Schutze der wirtschaftlich Schwachen, insbesondere Ausbau der Sozialversicherung, der Altersfürsorge und des Wohnungswesens.
7. Wiederherstellung des Vereinigungsrechts der Gewerkschaften und der sonstigen Wirtschafts- und Berufsverbände.
III. Erziehungswesen, Kulturpflege
1. Erziehung der Jugend im Sinne wahrer Volksgemeinschaft und aufrichtiger Völkerversöhnung, weitgehende Pflege aller Volksbildungseinrichtungen, insbesondere auch der Erwachsenenbildung, großzügige Begabtenförderung.
2. Förderung von Kunst und Wissenschaft, Pflege eigenen Kulturgutes und lebendiger geistiger Austausch mit anderen Völkern.
3. Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der Religionsausübung. Wiederherstellung und Wahrung der Rechte der Religionsgesellschaften insbesondere auch ihres Einflusses auf das Erziehungswesen.
IV. Allgemeinpolitik
Ausrichtung des politischen Denkens des Volkes auf die friedliche Zusammenarbeit der Völker und die Wiedereinführung des Deutschen Volkes in den Kreis der vereinten Nationen.
Quelle: Stadtarchiv Weimar , Hauptamt nach 1945, 008/01/5, n. fol. (ms. Ausfertigung); Abdruck der „Programmatischen Forderungen“ bei Louis: Die Liberal-Demokratische Partei (1996/F), S. 243.