Nr. 150b
29. Mai 1946
Bericht des Thüringer Landesplaners Paul Riedel an Präsidialdirektor Hans Staas über die Tagung
Weimar, den 29. Mai 1946
Präsidialamt -
Landesplanungsbehörde
Herrn
Präsidialdirektor S t a a s
W e i m a r.
Betr.:
Arbeitstagung der Landesplaner in Weimar und Eisenach vom 23. bis 26. Mai 1946
Ich erlaube mir, über den Verlauf der Tagung folgenden zusammengefaßten Bericht zu erstatten.
Zu der Tagung hatten nicht nur die Landesplanungsbehörden in der Sowjetzone, sondern auch Verwaltungen aus der amerikanischen Zone (Grosshessisches Staatsministerium, Wiesbaden) und aus der französischen Zone (Oberpräsidium Südrheinland/Hessen-Nassau, Koblenz) Vertreter entsandt. Die an der Teilnahme wegen der Grenzschwierigkeiten verhinderten Landesplanungsbehörden der Westzonen hatten ihre Grüße und Wünsche für die Tagung übermittelt. Der Bayerische Ministerpräsident Dr. H o e g n e r telegraphierte, daß er wegen Verpflichtungen zu Wahlversammlungen nicht kommen könnte. Gäste der Zentralverwaltungen und aus der Wissenschaft waren anwesend. (Die Teilnehmerliste liegt bei.)
So entwickelte sich diese erste Tagung der Landesplanung nach dem Zusammenbruch zu einer Interzonentagung der Landesplaner von Deutschland. Die Teilnehmer gaben wiederholt ihrer höchsten Befriedigung hierüber Ausdruck und sie versicherten der Landesplanungsbehörde Thüringen ihre Dankbarkeit für die Initiative und für den in jeder Beziehung zufriedenstellenden Verlauf der Tagung.
In eingehenden Referaten und Aussprachen wurden zu allen schwebenden Problemen Stellung genommen (Tagesordnung beiliegend.) Der erste Tag, Freitag, der 24. Mai 1946, diente der Besprechung von
Organisationsfragen
und dem
Erfahrungsaustausch
über die Tätigkeit der einzelnen Landesplanungsstellen. Die Teilnehmer kamen zu der Forderungen, daß bei allen Landes- und Provinzialverwaltungen eigene Planungsbehörden zu schaffen sind, die einheitlich sämtliche Fachplanungen zu koordinieren haben. Wegen der umfassenden und übergeordneten Bedeutung der Landesplanung sind diese Stellen unmittelbar den Präsidenten der Verwaltung zu unterstellen. Die regionalen Planungsarbeiten sind in einer Gesamtplanung durch die Schaffung eines
Zentralen Deutschen Planungsamtes
zu vereinheitlichen. Es wurde eine
„Arbeitsgemeinschaft der deutschen Landesplanungsbehörden“
gegründet und die Landesplanungsbehörde Thüringen mit ihrer Führung und mit den Vorarbeiten zur Bildung des Zentralen Deutschen Planungsamtes beauftragt. Die Landesplanungsbehörde Thüringen soll ein Mitteilungsblatt und späterhin eine Fachzeitschrift für die deutsche Landesplanung herausgeben.
Über die Aufgaben der einzelnen Landesplanungsstellen wurde vom Landessender Weimar eine Rundfunkreportage aufgenommen, in der auch die gefaßten Entschließungen wiedergegeben wurden. (Anliegend die Niederschrift der Reportage mit den Entschließungen.)
Am Sonnabend, den 25. Mai 1946, und Sonntag, den 26. Mai 1946, fand die Tagung ihre Fortsetzung in Eisenach in einer
Vortragsveranstaltung
. Hierzu waren auch Vertreter der Parteien, des FDGB und der Presse erschienen. In Kurzreferaten und Aussprachen wurden programmatische Forderungen der Landesplanung an die Fachplanungen erhoben. Die Planung insbesondere für die
Bodenreform
, die
Umsiedlung
, den
Wiederaufbau
, den
Städtebau
wurde behandelt, der
Wirtschaftsaufbau
Deutschlands und die ökonomischen, gesellschaftlichen und menschlichen Grundlagen der Landesplanung wurden zu einer Gesamtschau vereinigt. Referate über die
Planwirtschaft
in Sowjetrußland und über das Verhältnis der Landesplanung zur Wissenschaft führten zu bedeutsamen Erkenntnissen; die SMA Karlshorst soll gebeten werden, eine Kommission deutscher Landesplaner zum Studium der Planwirtschaft nach Moskau zu entsenden. Über die geistige Grundhaltung der Landesplanung wurde diskutiert; in zum Teil leidenschaftlichen Ausführungen kam man bis an letzte Dinge heran. Vorträge und Aussprachen standen auf einem bemerkenswert hohen Niveau und es kann gesagt werden, daß wohl noch niemals in der Geschichte der deutschen Landesplanung ein derart ausgezeichneter Meinungsaustausch stattgefunden hat.
Von der W a r t b u r g aus gaben die Landesplaner ihrer Erkenntnis Ausdruck, daß die notwendige umfassende und weitschauende Planung die
Beseitigung der Zonengrenzen
voraussetzt. In einer Entschließung (siehe Anlage) unterbreiten die Landesplaner wegen der Dringlichkeit der Durchführung ihrer Aufgaben dem Alliierten Kontrollrat die Bitte, in Durchführung der Potsdamer Beschlüsse über die bestehenden Zonengrenzen hinweg ein politisch und wirtschaftlich einheitliches Deutschland herzustellen.
Auf Einladung des Grosshessischen Staatsministeriums wurde als nächster Tagungsort
Wiesbaden
bestimmt.
Ich spreche die Bitte aus, über einige wesentliche Gesichtspunkte, die sich aus der Tagung besonders hervorheben, und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Arbeitsmethode der Landesplanungsbehörde Thüringen mündlich Vortrag halten zu dürfen.
4 Anlagen.
In Vertretung
Der Landesplaner
Riedel
Quelle: Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar , Land Thüringen - Büro des Ministerpräsidenten, Nr. 801, Bl. 159r-160r (ms. Ausfertigung)