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Weimar. / Großherzogl. Hof-Theater. / Donnerstag den 13. Mai 1858. / 114te Vorstellung im Jahres=Abonnement. / Neu einstudirt und in Scene gesetzt: / Faust / Dramatisches Gedicht in sechs Abtheilungen von Goethe.
Datum:
Donnerstag, 13. Mai 1858
Datum (zeitliche Klassifikation):
1855-1860
Aufführungsort:
Weimar, Hoftheater
Reihenfolge:
1
Aktanzahl (laut Quelle):
6
Rezension:
Weimarer Zeitung, Nr. 114, 18.05.1858, S. 454: „Eine besondere Erwähnung fordert die Darstellung der ‚Eboli‘ [in ‚Don Carlos‘] durch Frl. Daun; wir verbinden dieselbe aber sogleich mit einer Besprechung ihres ‚Gretchen‘ im Faust […] Frl. Daun trat in der ‚Eboli‘ zum letzten Male als Gast, in dem ‚Gretchen‘ zum ersten Male als ein neugewonnenes Mitglied unserer Bühne auf. Wie sehr wir ihre Erwerbung für unser Theater als einen wirklichen Gewinn betrachten, haben wir, auf Grund ihrer beiden ersten Darstellungen […] bereits früher ausgesprochen, und daß diese Ansicht vom Publikum getheilt werde, bezeugte der ehrenvolle Empfang, welcher der Künstlerin bei ihrem ersten Auftreten als ‚Gretchen‘ mit einer hier seltenen Rückhaltlosigkeit und Lebhaftigkeit entgegengebracht ward. Auch während und nach der Darstellung des ‚Gretchen‘ ebenso wie der ‚Eboli‘, hatte sich Frl. Daun vielfachen Beifalls und wiederholten Hervorrufs zu erfreuen. Gleichwohl können wir nicht verschweigen, daß uns Frl. Daun nach ihrem ganzen – körperlichen und geistigen – Naturell für ein anderes Rollenfach mehr geeignet und berufen scheint, als für so leidenschaftliche Charaktere wie die ‚Eboli‘, oder für Charaktere von so unvermittelt naiver Ursprünglichkeit, wie ‚Gretchen‘. Daß Frl. Daun auch in Rollen dieser Art durch denkendes Erfassen des Charakters und der Situation, durch den Ton wahrer Empfindung, endlich durch ein edles Maßhalten in der Farbgebung, wodurch sie das heut so beliebte Manieriren und Uebertreiben vermeidet, immer etwas Tüchtiges leisten und ein wohlthuendes , mit sicherer Hand gezeichnetes Gesammtbild darstellen wird, hat sie in jenen beiden Darstellungen hinreichend bewiesen. Namentlich gelangen ihr die späteren Partien in der ‚Eboli‘ […] ganz vortrefflich; ebenso im Faust die Kerkerscene und die Erzählung aus ihrem häuslichen Leben in der Gartenscene. Das eigentliche Gebiet erfolgreichster Bethätigung ihres schönen und so harmonisch ausgebildeten Talents wird aber, glauben wir, Frl. Daun immer in der Darstellung solcher Rollen finden, wo es eine fein nüancirte Charakterentwicklung und eine mehr reflektirte und temperirte, als unmittelbar naiv oder leidenschaftlich hervorbrechende Empfindung gilt.“
Weimarer Zeitung, Nr. 115, 19.05.1858, S. 458f.: „Neben dem ‚Gretchen‘ hatte auch der ‚Faust‘ selbst einen neuen Darsteller gefunden, Hrn. Locher. Wir würden weder der Wahrheit, noch dem eignen Gefühle dieses so strebenden und es mit seinem Berufe so ernst nehmenden Künstlers gerecht werden, wenn wir sagen wollten: diese seine erste Darstellung des ‚Faust‘ sei sogleich eine in allen ihren Theilen gleich befriedigende und vollendete gewesen. […] Der entschieden am meisten gelungene Theil […] war der erste, in der Maske des Gelehrten. Hier zeigte sich durchweg tiefstes Eindringen in den Geist der Rolle, feinstes Gefühl für alle dir so reichen und so rasch wechselnden Schattirungen der Empfindung, und ein in harmonischem Flusse sich fortentwickelndes Spiel. Von ganz besonderer Wirkung waren die Verschwörungs- und später die Verfluchungsscene; auch bei dem Spaziergang ward die wunderbare Gliederung des Gedichtes durch eine sich derselben in allen ihren Theilen vollkommen anschließende Deklamation in einer Weise wiedergegeben, welche ihre Schönheit zur vollen Anschauung brachte. Ebenso fanden wir den Uebergang aus der Abgeschlossenheit des Gelehrten in das lustige Treiben der Welt von dem Darsteller recht gut ausgedrückt. Dagegen möchte Hr. Locher den späteren Partieen, da wo er als Cavalier und Liebhaber auftritt, etwas mehr Leichtigkeit und Freiheit der Bewegungen, überhaupt eine größere Abrundung und Einheit des Spieles zu geben haben. Jedenfalls war dieses erste Debüt desselben in einer so schwierigen Rolle ein sehr tüchtiges und vielversprechendes, was auch seitens des Publikums durch lebhafte Beifallsbezeugungen und mehrmaligen Hervorruf anerkannt wurde. Wir werden uns freuen, Hrn. Locher so bald als thunlich zum zweiten Male in der gleichen Rolle und dann gewiß auch noch vollständiger in dieselbe hineingewachsen zu erblicken.“